Gedicht des Monats September 2014

Landschaft des Geistes

Ach, Enge und Weite der Landschaft des Geistes!
Achtquadratmeter-Gefängniszelle und endloses Erntefeld,
Kettenhund und freie Fahrt auf Meeresstraßen,
Metzgermesser und lustvolles Wolkenschweben!

Selig, deren Herzen in Redlichkeit baden,
deren Eifertat ohne Hinterlist ist;
die die Rolle Plusterhuhn nicht annehmen
und sich von jeder Art Ideologiegläubigkeit
für immer verabschiedet haben!

Unselig, die pflichtbewusst in der Diktatur Preistreiberei mitmarschieren
und dafür kläglich Blutzoll zahlen,
die meinen, eine Schlossfassade präsentieren zu müssen,
obwohl sie in einer Bruchbude hausen!

Die erbärmlichste aller Sünden ist die Heuchelei.
Wer von ihr gejagt, gezerrt, gebunden wurde,
wird dünkelhaft, gewalttätig, dumm und blind.

Ach, Heuchelei, du erbärmlichste aller Sünden!
Schirmherrin der Angstpsychose,
Lieblingspferd der Unterdrücker,
Kardinal im Büßergewand,
Blankoscheck für alle Verbrechen.

Heuchelei,
Ekel erregender Sumpf, versinke darin!
Heuchelei,
Zwittergebilde aus der Alchemistenküche,
verschluck dich an deinem Satansbraten!
Heuchelei,
es stinkt unter deiner Käseglocke.

Heuchelei,
Geißel der Menschheit,
dich wird es am Ende am schärfsten treffen!

Josef Butscher

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